Recycling in der schottischen Whisky Industrie

Bewährt seit Jahrhunderten

Die ersten Whiskybrenner in Schottland waren Farmer. Sie suchten für ihren Getreideüberschuss die perfekte Art der Lagerung. Während eingelagerte Gerste in feuchter Umgebung leicht zu schimmeln beginnt, hält sich der aus Gerstenmalz gebrannte Whisky problemlos über Jahrzehnte in Eichenholzfässern.

Aus dem Notbehelf wurde schnell eine breitgefächerte Versorgung für den begehrten Whisky. Doch nicht das ganze Gerstenkorn wird zu Malz und letztlich zu Whisky. Es bleibt Einiges zurück. Von Abfall zu sprechen ist in diesem Umfeld nicht richtig bzw. sogar falsch. Man spricht von Nebenprodukten.

Nach dem Auslaugen des Malzzuckers mit heißem Wasser in der Mash Tun, bleiben die Schalen und weitere Substanzen im sogenannten Draff zurück. Dieses Draff ist reichhaltig an Eiweißen und Mineralien und ist hervorragend als Kraftfutter für die Tiermast geeignet.

Da dieses heiße Draff vor der Gärung anfällt und noch keinen Alkohol enthält, neigt es sehr schnell zum Bakterienbefall und Verderben. Farmer holen es deswegen kurz nach dem Entleeren der Mash Tun per LKW ab. Was nicht sofort verfüttert werden kann, wird meist mit Silage für eine spätere Nutzung vermischt und erhöht damit deren Nährstoffgehalt.

Dieses Draff kann auch haltbar gemacht werden. Dazu trocknet man es auf eine Restfeuchte von unter 10%. Anschließend wird es zu Pellets gepresst und abgesackt. Diese Vorgehensweise benötigt jedoch viel Energie und rentiert sich immer weniger. Zahlreiche Anlagen wurden mit den steigenden Öl- und Gaspreisen in den vergangenen Jahrzehnten geschlossen.

Das Problem ist jedoch größer, als man es sich auf Anhieb vorstellen mag. Die schottische Whiskyindustrie ist ab den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts massiv gewachsen. Jährlich fallen rund 500.000 Tonnen Draff an. Wohin damit? Zwar ist auch die Viehindustrie ebenfalls gewachsen, aber nicht in gleichem Ausmaß.

Heute wird das nicht von Farmern abgenommene Draff meist in Blockheizkraftwerken zu Wärme und elektrischen Strom konvertiert. Zuerst wird das Wasser aus dem Draff gepresst, um die Verbrennung zu erleichtern. In manchen Kraftwerken werden auch Rinde, Sägespäne und Holzchips aus der Holzindustrie zugefeuert. Früher existierte in der Gemeinde Rothes in der Speyside (Glen Grant, Glenrothes, Glen Spey, Speyburn) eine Draff-Pellet-Anlage. Heute ist daraus ein großes Blockheizkraftwerk der Firma Rothes CoRDe LTD geworden, das 115.000 Tonnen feuchtes Draff von lokalen Whiskybrennereien und 60.000 Tonnen Holzchips pro Jahr verwendet.

Die Anlage generiert mit Hilfe von Dampfturbinen 7,2 Megawatt elektrisch, was für 9.000 Haushalte ausreichend ist. Allerdings hat so eine Anlage auch immer einen negativen Beigeschmack, weil zwar nicht Nahrungsmittel jedoch Futtermittel für die Nahrungsproduktion verfeuert werden.

Doch zurück zum Whisky. Nach der Produktion fällt das Pot Ale an. Es sind die bei der Destillation konzentriert anfallenden schwereren Stoffe, die letztendlich nicht in den Whisky gelangen und mit dem Wasser zurück bleiben. Diese Flüssigkeit enthält ebenfalls wertvolle Bestandteile, auch wenn das Pot Ale, so konzentriert wie es am Boden der Pot Stills anfällt, für den Menschen giftig ist. Mehr als ein Arbeiter ist in der Vergangenheit bei der händischen Säuberung der Pot Stills an den Dämpfen erstickt. Heute wird das Pot Ale automatisch abgelassen und die Pot Still automatisch über Sprühdüsen gereinigt und mit klarem Wasser nachgespült. Dieses Abwasser geht im Kreislauf an die Hersteller der Reinigungsmittel zurück. Wenn heute eine Pot Still durch die Mannlöcher zur Wartung betreten werden muss, so ist ein zweiter Mann mit Sicherungsleine außerhalb der Pot Still Pflicht.

Das was geschieht mit dem Pot Ale? Es ist reich an Mineralien und damit als Dünger für die Felder geeignet. Man gibt dem Boden ein Teil vom dem zurück was man ihm mit der Ernte genommen hat. Auch dieser Kreislauf hat sich seit Jahrhunderten bewährt.

Die elektrische Energie des Biomassekraftwerks ist nicht alles. Diageo, der größte Whiskyhersteller der Welt mit mehreren Dutzend Malt und Grain Brennereien in Schottland, hat diese Draff-Kraftwerke in seine Brennereikomplexe integriert. So betreibt das Unternehmen in der Glenlossie-Mannochmore-Brennerei ein eigenes Biomassekraftwerk. Nicht nur der Strom, auch die anfallende Abwärme kann so per Kraft-Wärmekopplung dem Whiskyprozess zugeführt werden. Das führt zu einer großen Einsparung an Gas und Öl.

Die modernste und bestintegrierte Anlage dieser Art findet sich in der 2009 errichteten Roseisle Brennerei nahe dem Städtchen Forres. Hier wurde beim Bau der Brennerei mit sagenhaften 10 Millionen Litern Jahreskapazität das Biomassekraftwerk gleich passend mit geplant. 60.000 Tonnen Draff pro Jahr versorgen die Brennerei mit Strom und betreiben mit Prozessdampf das Mashing und die Destillation.

In alten Zeiten produzierten die Whiskybrenner mit dem, was sie vor Ort vorfanden, ihren Whisky. Die Energie lieferte der Torf, der sowohl zum Trocknen des Malzes als auch zum Feuern der Mash Tun und der Brennblasen diente. Heute versorgen sich die Brennereien aus den Nebenprodukten der Whiskyproduktion mit der erforderlichen Energie und werden so unabhängiger von Öl und Gas.