Japanischer Whisky und Fukushima

Im März 2011 kam es zur Nuklearkatastrophe im japanischen Kernkraftwerk Fukushima I. Der Vorfall wurde als zweitstärkstes nukleares Unglück nach dem Super-GAU von Tschernobyl 1986 eingestuft. In der Presse wurden die Folgen für diesen Vorfall oft sehr dramatisch dargestellt: Dinge wie ‘man kann nie wieder nach Japan reisen‘, ‘Autos kommen verstrahlt von den Schiffen‘ oder auch ‘japanischer Whisky ist nicht mehr trinkbar‘ waren zu lesen beziehungsweise zu hören. Ganz so schlimm war und ist es nun auch wieder nicht. Manche Medien sind jedoch bekannt dafür maßlos zu übertreiben, um die Auflagen zu steigern.

Wir wollen nichts verharmlosen: Das Atomunglück von Fukushima war eine furchtbare Katastrophe. Und die Folgen werden uns wohl noch Jahrzehnte beschäftigen. Doch so unheilvoll wie es die Presse aussehen ließ, schätzen wir die Situation für japanischen Whisky nicht ein.

Man sollte sich zunächst ein paar Gedanken machen und einige Dinge in Betracht ziehen, dann kann man entscheiden ob und welchen japanischen Whisky man kaufen möchte.

Hat die Radioaktivität Einfluss auf unseren Whisky?

Das steht außer Frage. Doch lassen Sie uns etwas weiter ausholen, um den Einfluss von radioaktiver Strahlung auf Whisky zu erläutern.

Im Jahr 2000 kaufte die schottische Brennerei Macallan über Ebay alte Sammlerflaschen von italienischen unabhängigen Abfüllern. Der Inhalt dieser Flaschen wurde in Macallan Flaschen umgefüllt und für etwa 250€ pro Flasche verkauft. Für Käufer war es somit ungewiss, ob nun echter Macallan oder der italienische Whisky in den Flaschen enthalten war. Um dies herauszufinden, hat man die Radioaktivität in den Flaschen gemessen.

Doch wie soll ausgerechnet Radioaktivität beweisen, um welchen Whisky es sich in den Flaschen handelt? Und wie kommt überhaupt radioaktive Strahlung in die Flaschen? Die Strahlung wurde im Rahmen von Atombombenversuchen freigesetzt, die in den 60er Jahren auf der ganzen Welt stattfanden. Daraufhin befand sich im Getreide auf der ganzen Welt ebenfalls eine gewisse radioaktive Strahlung. Die Tests an den vermeintlichen Macallan-Flaschen fielen nicht zugunsten der Brennerei aus: Durch die gemessene Radioaktivität konnte man ausschließen, dass der Whisky aus der Zeit vor den Atomversuchen in den 60er Jahren stammt. Der Malt musste also aus Getreide bestehen, das nach den Versuchen in den 60er Jahren angebaut wurde und konnte nicht, wie auf den Flaschen ausgewiesen, von 1950 sein.

Radioaktivität im Alltag

Auch Bayern, wo wir unseren Sitz haben, war vor einigen Jahren von einer Nuklearkatastrophe betroffen. Im Jahr 1986 passierte in einem Reaktor des Atomkraftwerks Tschernobyl (Ukraine) der Super-GAU. Die radioaktive Strahlung stieg in die Atmosphäre auf und gelangte über den Regen wieder zurück zur Erde - auch in Bayern. Damals kaufte sich Horst Lüning einen Geigerzähler um die Strahlung zu messen. Der Geigerzähler erfasste jedoch keine radioaktive Strahlung. Denn die Anfangs starke Radioaktivität aus dem Tschernobyl Unglück wurde nach und nach von der Umgebung aufgenommen. So befindet sich die Radioaktivität unter anderem im Boden und man nimmt sie zu sich wenn man etwas auf diesem Boden angepflanztes zu sich nimmt. Grenzwerte und Kontrollen für die Strahlung sind in dieser Hinsicht sehr wichtig für uns als Verbraucher. Im Flugzeug bekommt man Gammastrahlen aus der Atmosphäre ab und auch Ziegel aus Ton enthalten Strahlung, die Radon freisetzen. Sie sehen: Strahlung gibt es genug in unserem Alltag, die Frage ist wie viel Strahlung wir vertragen. Das ist auch die Frage, die wir uns beim Whisky stellen müssen. Ist die Strahlung, die wir Verbraucher abbekommen wirklich so schädlich wie man es immer suggeriert bekommt? In Japan wurden im Zweiten Weltkrieg bereits zwei Atombomben abgeworfen und es kam zu sehr hoher Strahlung: Im Süden in Hiroshima und im Südwesten in Nagasaki kam es zu zwei schlimmen Katastrophen, die viele Leben kosteten. Dennoch werden dort die Menschen älter als hierzulande. Natürlich gibt es viele weitere Faktoren, die sich auf die Lebenserwartung von Menschen auswirken, wie etwa die Ernährung und der allgemeine Lebenswandel und vieles mehr.

Wir wollen das Unglück, das in Fukushima passiert ist nicht klein reden. Dennoch ist es nicht so - wie es so manches Medium propagierte - dass man keine japanischen Produkte mehr kaufen kann oder sollte. In der Gegend um Fukushima, im Umkreis von bis zu 100 km, ist die Situation bestimmt schlimmer: Sicher wird es dort tragischerweise zu mehr Krebs- und Todesfällen kommen.

Strahlung in japanischem Whisky?

Wir als europäische Whiskygenießer stellen uns die Frage: Ist in den japanischen Flaschen, wie beispielsweise dem Yamazaki 12 (in unserem Video), gefährliche Strahlung enthalten oder nicht? Beziehungsweise wie kommt Strahlung in Whiskys? Die Radioaktivität des Reaktorunglücks von Fukushima landete in der Atmosphäre und gelangte mit dem Regen zurück zum Boden. In der Gegend um Fukushima werden also keine Pflanzen mehr angebaut, da diese aus dem Boden Strahlung aufnehmen würden. Würde ein Mensch nun solche Pflanzen essen und verstoffwechseln, so landete die Strahlung im Körper. Da diese mit eingelagerten Elementen im Körper reagiert, bleibt sie meist auch im Körper des Menschen.

Whisky in Japan wird in vielen verschiedenen Brennereien im Norden und Süden der Insel hergestellt. Eine oder zwei davon könnten - je nach Definition - im Einzugsgebiet der Fukushima Wolke liegen. Jedoch sind die Lagerhäuser selbstverständlich alle überdacht und kommen daher nicht mit dem radioaktiven Regen in Berührung. Der Whisky, der in den Jahren nach dem Reaktorunglück abgefüllt wird, sollte in keinster Weise beeinträchtigt sein - vorausgesetzt man verwendet überprüftes Wasser zum Verdünnen. In einem zivilisierten Land wie Japan können wir jedoch davon ausgehen, dass man sich um die Wasserqualität bemüht.

Viel gefährlicher ist der Anbau von Getreide, das für die Produktion von Whisky verwendet wird, im Einzugsgebiet von Fukushima. Die Radioaktivität aus dem Boden endet schließlich auch im Whisky, da sie durch die Destillation nicht zurückgehalten wird. Da hilft auch das Verwenden von sauberem Wasser nicht weiter. Daher verzichtet man Beispielsweise in der japanischen Brennerei Miyagikyo (Nikka) auf die Verwendung von lokal angebautem Getreide, sondern importiert die Gerste aus sicheren Anbaugebieten.

Daher ist ab 2022-2024 eventuell Vorsicht geboten, was Radioaktivität im japanischen Whisky angeht. Dies gilt zumindest für zehn- bis zwölfjährige Abfüllungen, deren Getreide nach dem Reaktorunglück in Fukushima angebaut wurde. Bei Whiskys ohne Altersangabe aus dem Einzugsgebiet von Fukushima sollte man bereits jetzt vorsichtig sein, da diese vermutlich jünger und somit eher von der Strahlung betroffen sind.