Whisky wird billiger

Trendwenden?

Vergangene Woche hatten wir bei Whisky.de Besuch aus London. Die für uns zuständige Londoner Angestellte unserer Bank informierte uns über den aktuellen Stand in Sachen Brexit. Viel wird in unseren Medien über die aktuell schwierige Lage der Briten berichtet. Nicht immer kann man glauben, was da geschrieben steht. Zumindest mir geht es so. Was ist wahr? Was ist Ergebnis einer Lobbyarbeit? Und von welcher Seite? Und welche Informationen sind politisch losgetreten worden? Der Kampf um die besten Positionen nach dem Vollzug des Brexits ist in vollem Gange.

Banken arbeiten am besten in einem stabilen, wirtschaftlichen System. Und das ist aktuell nicht gegeben. Die Entscheidung zum Brexit fand am 23. Juni 2016 statt. Für die meisten Firmen, auch unsere Whiskyhersteller, änderte sich zunächst nichts. Jedoch wurden strategische Entscheidungen vertagt. Wie viel von wem verschoben wurde ist unklar. Alle verlässlichen Wirtschaftsdaten der Staaten beruhen derzeit auf den offiziellen Statistiken des ersten Halbjahrs 2016, das schon eine Woche nach der Entscheidung für den Brexit endete. Wie sich die Wirtschaft in Großbritannien und seinen Handelspartnern seitdem entwickelt hat, ist äußerst ungewiss und unterliegt wie immer Interpretationen, Kassandrarufen und Wunschdenken. Das Erwachen erfolgt irgendwann im November, wenn die Zahlen des dritten Quartals der Staaten vorliegen. Was wir auf jeden Fall bereits gesehen haben, ist eine deutliche Abschwächung des Pfundkurses um mehr als 10%.

Eine andere Hängepartie endet ebenfalls im November. Der erbittert geführte Kampf um das Weiße Haus entscheidet sich am 8. November mit dem Wahltag. Werden die USA eine ähnliche Erschütterung in der Macht erleben, wie die Briten mit ihrem Brexit? Unsicherheit, wohin das Auge blickt.

Als letztes wartet die ganze Welt auf die Entscheidung der Federal Reserve, dass die Leitzinsen zumindest um 0,25% erhöht werden und die Ära der Nullzinspolitik damit endet. Dieses Ende wird größere Auswirkungen auf unseren Whisky haben, als Brexit und US-Wahl zusammen. Höhere Zinsen bedeuten im Prinzip vier Dinge: Sparen beginnt sich so ganz langsam wieder zu lohnen und der Spielraum für Staaten, sich bedingungslos zu verschulden, wird kleiner. Dagegen können Banken so ganz langsam wieder auf Gewinne aus Zinsgeschäften hoffen und letztlich wird aus der aktuell laufenden Aktienblase die Luft abgelassen.

Wie man es dreht und wendet. Alle Indikatoren deuten auf eine Trendwende oder gar mehrere Trendwenden hin.

Das Pfund hat schon mit einem deutlichen Abschlag gegenüber dem Euro reagiert. Doch seit drei Monaten schwankt das Pfund in einem Korridor zum Euro auf und ab. So ganz sicher ist sich die Wirtschaft wohl nicht, ob der Brexit nicht vielleicht doch gut für Großbritannien sein wird.

Bei unserem Whisky ist die Preisgestaltung zweigeteilt. Da der Großteil des schottischen Whiskys uns Konsumenten über Distributoren im Euroraum erreicht, werden die bisherigen Kursgewinne weitflächig noch durch die Distributoren eingestrichen. Es gibt aber einige Ausnahmen. Unser aktuell neu erschienene Katalog weist einige Dutzend Preisreduktionen auf. Bestes Anzeichen, dass es sich mit einem schwächeren Pfund besser exportieren lässt.

Ob andere nachziehen werden und können bleibt ungewiss, weil im Kielwasser einer Wechselkursabschwächung meist die Inflation im Land durch steigende Importpreise ansteigt. Und steigen die Gestehungspreise für Whisky in Großbritannien, so müssen auch die Exportpreise wieder anziehen.

Wie ich in meinem Juli-Newsletter zum Brexit bereits ausgeführt hatte, ist die britische Handelsbilanz mit Deutschland massiv negativ. Großbritannien importiert aus Deutschland viel mehr Waren, als wir mit unseren Whiskykäufen und Urlaubsbesuchen wieder wettmachen können. Für die kommenden Brexit-Verhandlungen wird immer sehr öffentlichkeitswirksam von kommenden Handelsbeschränkungen und Zöllen gegenüber Großbritannien berichtet. Das ist natürlich politischer, um nicht zu sagen populistischer, Unsinn. Im Gegenzug zu EU-Zöllen würden die Briten ebenfalls Zölle aufbauen, was uns wegen der negativen Handelsbilanz noch mehr schaden würde als den Briten. Bestes Beispiel ist die deutsche Automobilindustrie. Jedes siebte Auto, das in Deutschland vom Band läuft, fährt anschließend auf den Straßen der Insel.

Auf Grund des Brexits sehe ich direkt keine größeren Preisänderungen als bereits geschehen bei unserem Whisky auf uns zukommen. Durch die sich langsam abschwächende Konjunktur dürfte sich jedoch die Nachfrage nach Luxusgütern in Summe etwas reduzieren. Damit sollte wenigstens der seit Jahren andauernde Druck auf die Whiskylager etwas nachlassen und der Trend zu mehr Whiskys ohne Altersangabe abgeschwächt werden.

Sollte es durch die US-Wahl oder durch eine Zinserhöhung der Fed zu größeren Erschütterungen im globalen Wirtschaftsgefüge kommen, so wird dies massive Einflüsse auf das verfügbare Einkommen in unserem Land haben. Denn wir sitzen alle in einem Boot. Und wie in der vergangenen Finanzkrise 2008 werden die Menschen sich in ihrem Konsum einschränken. Die Auswirkungen auf unseren Whisky waren damals im Nachhinein gesehen überraschend gering. Wie schon beim Platzen der Dotcom-Blase nach dem 11. September 2001 sparten die Bürger vor allem beim auswärtigen Essen und der Anschaffung von langlebigen Gütern. Doch auf ihren abendlichen guten Schluck Whisky wollten sie nicht verzichten. Das ist auch unmittelbar logisch, denn für den Preis eines einzelnen Restaurantbesuchs kann man sich von Whisky.de seinen Whiskybedarf für mehrere Wochen zusenden lassen.